Biografie von Johann Tetzel

Johann Tetzel wurde um 1465 in Pirna geboren. Wie in der katholischen Kirche üblich, verwendete er oft Johannes, die lateinischen Versionen seines Vornamens. Tetzel ist eine zentrale Figur der spätmittelalterlichen Kirchengeschichte, dessen Wirken maßgeblich die Reformation einleitete. Als Sohn des Pirnaer Fuhrmanns Matthias Tetzel erhielt er seine Schulbildung wahrscheinlich an der Lateinschule in Pirna, bevor die Familie um 1480 nach Leipzig zog, als Tetzel in etwa 15 Jahre alt war. An der Leipziger Universität schrieb er sich zum Philosophiestudium ein, das er 1487 abschloss. Kurz danach trat er dem Dominikanerorden bei. 1518 promovierte Tetzel zum Doktor der Theologie.

Tetzels Leben und Wirken war eng mit dem Ablasshandel verknüpft, der im Mittelalter üblich war. Die Ablasspredigt, die seit 1504 zu seinem Hauptaufgabenfeld gehörte, sollte den Gläubigen ermöglichen, durch finanzielle Beiträge Sündenstrafen zu mindern. Dieses System war ein zentraler Bestandteil der kirchlichen Praxis, da es den Menschen eine Möglichkeit bot, den Qualen des Fegefeuers zu entgehen. Tetzel stieg hierbei zu einem der bekanntesten Ablassprediger seiner Zeit auf.

Die Praxis des Ablasshandels stieß jedoch zunehmende auf Kritik. Tetzels markante Predigtweise und der ihm zugeschriebene Satz „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt“ machten ihn zur Zielscheibe reformatorischer Angriffe. Insbesondere Martin Luther, der die Missstände des Ablasshandels anprangerte, sah in Tetzel einen Hauptverantwortlichen. Luthers 95 Thesen, die er 1517 veröffentlichte, richteten sich gegen die Praktiken der Ablassprediger und führten zur Reformation. Tetzel versuchte vergeblich, sich gegen Luthers Kritik zu wehren, unter anderem durch Gegenthesen und schriftliche Verteidigungen.

Trotz seiner Berühmtheit als Ablassprediger war Johann Tetzel auch ein angesehener Theologe und Ordensmann. Er war Prior des Dominikanerklosters in Glogau und leitete ab 1516 das Ordensstudium im Leipziger Dominikanerkloster. Sein Wirken zeigt, dass er sich um die seelsorgerliche Betreuung der Gläubigen bemühte. So wurde er als Mitglied der Rosenkranzbruderschaft mit der Rosenkranzpredigt beauftragt, was den Gläubigen durch Beten und das Zeigen von wahrer Reue kostenlos eine vollkommene Vergebung ermöglichte. Zudem waren die Ablässe bei Tetzel sozial gestaffelt. Laut Prof. Dr. Hamm waren die meisten Ablässe des Spätmittelalters, gefühlte 99 Prozent, kostenlos zu haben – denn ein andächtiges Bittgebet genügte.

Johann Tetzel besuchte mehrfach seine Heimatstadt Pirna, insbesondere das dortige Dominikanerkloster. Diese Besuche sind in den Kämmereirechnungen der Stadt Pirna verzeichnet. Tetzel predigte wohl auch in Pirna und besuchte seine Familie, die nach Pirna zurückzog und später seine Schwester, die vermutlich das Gewerbe des Vaters übernahm und 1516 das Tetzelhaus von der damaligen Eigentümerin Ursula Roschigk zu Lehen erwarb. Im Gerichtsbuch der Stadt Pirna Nr. 63 steht: "Die Tetzelyn Ir Haws von der rosigyn zu lehn."

Im Jahr 1519 erkrankte Johann Tetzel an der Pest. Als Martin Luther erfuhr, dass Tetzel im Sterben liegt, schickte er ihm einen Trostbrief. Um Tetzel zu entlasten, schrieb Luther, da ihm bewusst war, dass Tetzel nicht selbst für die Ablasskampagnen verantwortlich war, sondern im Auftrag handelte.: „denn die Sach sey von seynet wegen nich angefangen, sondern hab das Kind vil ein andern vatter“. Johann Tetzel starb am 11. August 1519 in Leipzig.

Quellen:

Bünz, Enno (2016): „Tetzel, Johann“ in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 52-53 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118801708.html#ndbcontent.

Hamm, Bendt (2023): „Johann Tetzel in neuer Sicht“, in: Begleitheft zur Sonderausstellung ‚Johann Tetzel in Pirna‘.

Kühne, Hartmut/Bünz, Enno/Wiegand, Peter (2017): Johann Tetzel und der Ablass: Begleitband zur Ausstellung »Tetzel – Ablass – Fegefeuer« in Mönchenkloster und Nikolaikirche Jüterbog. Berlin: Lukas-Verlag.

Tetzelhaus (2023): Begleitheft zur Sonderausstellung ‚Johann Tetzel in Pirna‘.

 

    J. Tetzel, Jüterbog, Foto: W. Bieberstein

 

Digitalisierte Unterzeichnung („Bruder Joannes Teczel“) in der Abschrift eines Briefs an die Stadt Kamenz vom 9. März 1510

Stadtarchiv Kamenz, A.A. 5401. Unbeglaubigte Reinschrift. 

 

Familie Tetzel in der Bohlenstube

Aquarell von Claudia Pinkau, 2023

 

Im Jahr 1517 ist ein Besuch Tetzels im Pirnaer Dominikanerkloster vermerkt: „v groschen patri Teczeln geschenck geschickt ins closter Nicolai“. Ins Kloster Nicolai wurden also als Geschenk für Tetzel 5 Groschen geschickt. Tetzel ist hier als Pater Tetzel (patri Teczeln) aufgeführt.

Archivverbund Pirna – Stadtarchiv Pirna, STAP C II-I, 5 Bl. 18b, Ausschnitt.

 

Ablasspredigt vor dem Pirnaer Rathaus

Aquarell von Claudia Pinkau, 2023